诗歌选读——秋天Knecht RuprechtTheodor StormVon drauß' vom Wald komm ich her;ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!All überall auf den Tannenspitzensah ich goldene Lichtlein sitzen;und droben aus dem Himmelstorsah mit großen Augen das Christkind hervor.Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann, da rief's mich mit heller Stimme an:" Knecht Ruprecht" , rief es, " alter Gesell,hebe die Beine und spute dich schnell!Die Kerzen fangen zu brennen an,das Himmelstor ist aufgetan.Alt' und Junge sollen nunvon der Jagd des Lebens einmal ruhn;und morgen flieg ich hinab zur Erden; denn es soll wieder Weihnachten werden! "Ich sprach: " O lieber Herre Christ,meine Reise fast zu Ende ist;ich soll nur noch in diese Stadt,wo's eitel gute Kinder hat. ""Hast denn das Säcklein auch bei dir? "Ich sprach: " Das Säcklein, das ist hier:Denn Äpfel, Nuss und Mandelkernessen fromme Kinder gern. "" Hast denn die Rute auch bei dir? "Ich sprach: " Die Rute, die ist hier;doch für die Kinder nur, die schlechten,die trifft sie auf den Teil, den rechten.Christkindlein sprach: " So ist es recht!So geh mit Gott, mein treuer Knecht! "Von drauß' vom Walde komm ich her;ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!Nun sprecht, wie ich's hier drinnen find! Sind's gute Kind sind's böse Kind?HerbstliedTheodor FontaneRote Beeren am Rosenhage,Rote Beeren an Baum und Gesträuch,Ihr schönen Herbstestage,Ihr klaren, wie grüss ich euch!Es fallen die letzten SchleierVor eurer Sonne Schein,Und wir blicken tiefer und freierIn Gottes Welt hinein.Ihr klaren, ihr mahnt mich immerAn das Auge treuer Fraun:Verloren ging der Schimmer,Doch die Seele kann ich schaun.HerbsttagRainer Maria RilkeHerr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;gib ihnen noch zwei südlichere Tage,dränge sie zur Vollendung hin, und jagedie letzte Süße in den schweren W ein.Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,und wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und herunruhig wandern, wenn die Blätter treiben.HerbstliedJohann Ludwig TieckFeldeinwärts flog ein VögeleinUnd sang im muntern SonnenscheinMit süßem, wunderbaren Ton:Ade, ich fliege nun davon,Weit! Weit! Reis' ich noch heut!Ich horchte auf den Feldgesang,Mir ward so wohl und doch so bang,Mit frohem Schmerz, mit trüber LustStieg wechselnd bald und sank die Brust,Herz! Herz! Brichst du vor Wonn' oder Schmerz? Doch als ich die Blätter fallen sah,Da dacht ich: Ach, der Herbst ist da!Der Sommergast, die Schwalbe zieht Vielleicht so Lieb' und Sehnsucht flieht,Weit! weit! Rasch mit der Zeit!Doch rückwärts kam der Sonnenschein,Dicht hinter drauf das Vögelein,Es sah mit tränend AngesichtUnd sang: die Liebe wintert nicht,Nein! Nein. Ist und bleibt Frühlingsschein!Im HerbstJohann Wolfgang von GoetheFetter grüne du LaubAm RebengeländerHier mein Fenster heraufGedrängter quilletZwillingsbeeren, und reifetSchneller und glänzend vollerEuch brütet der Mutter SonneScheideblick, euch umsäuseltDes holden HimmelsFruchtende Fülle.Euch kühlet des MondsFreundlicher ZauberhauchUnd euch betauen, Ach!Aus diesen AugenDer ewig belebenden LiebeVollschwellende Tränen.Aus dem NachlassGeorg TraklO die entlaubten Buchen und der schwärzliche Schnee. Leise der Nord weht. Hier den braunen PfadIst vor Monden ein Dunkles gegangenAllein im Herbst. Immer fallen die FlockenIn das kahle GeästIns dürre Rohr; grünes Kristall singt im Weiher Leer die Hütte von Stroh; ein KindlichesSind die wehenden Birken im Nachtwind.O der Weg der leise ins Dunkel friert.Und das Wohnen in rosigem SchneeHerbsthauchFriedrich RückertHerz, nun so alt und noch immer nicht klug, Hoffst du von Tagen zu Tagen,Was dir der blühende Frühling nicht trug,Werde der Herbst dir noch tragen!Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, Immer zu schmeicheln, zu kosen.Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch, Abends verstreut er die Rosen.Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, Bis er ihn völlig gelichtet.Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch,Was wir geliebt und gedichtet.Der HerbstFriedrich Wilhelm NietzscheDies ist der Herbst:der bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort!Die Sonne schleicht zum Berg Und steigt und steigtUnd ruht bei jedem Schritt.Was ward die Welt so welk!Auf müd gespannten Fäden spielt Der Wind sein Lied.Die Hoffnung flohEr klagt ihr nach.Dies ist der Herbst:der bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort!O Frucht des Baums,Du zitterst, fällst?Welch ein Geheimnis lehrte dich Die Nacht,Daß eisiger Schauder deine Wang e, Die Purpur-Wange deckt?Du schweigst, antwortest nicht? Wer redet noch?Dies ist der Herbst:der - bricht dir noch das Herz!Fliege fort! fliege fort!Ich bin nicht schön- so spricht die Sternenblume -,Doch Menschen lieb ichUnd Menschen tröst ich -Sie sollen jetzt noch Blumen sehn, Nach mir sich bückenAch! und mich brechenin ihrem Auge glänzt dann Erinnerung an Schöneres als ich: Erinnerung an Glück, an Menschenglück: -ich seh′s, ich seh′s - und sterbe so" . Dies ist der Herbst:der - bricht dir noch das Herz!Fliege fort! fliege fort!Hälfte des LebensFriedrich HölderlinMit gelben Birnen hängetUnd voll mit wilden RosenDas Land in den See,Ihr holden Schwäne,Und trunken von KüssenTunkt ihr das HauptIns heilignüchterne Wasser. Weh mir, wo nehm' ich, wennEs Winter ist, die Blumen, und wo Den Sonnenschein,Und Schatten der Erde?Die Mauern stehnSprachlos und kalt, im Winde Klirren die Fahnen.SeptembermorgenEduard MörikeIm Nebel ruhet noch die Welt, Noch träumen Wald und Wiesen: Bald siehst du, wenn der Schleier fällt, Den blauen Himmel unverstellt, Herbstkräftig die gedämpfte WeltIn warmem Golde fließen.Laub am BodenCäsar FlaischlenLaub am Boden, Laub am Boden, Gelb und rot und braun,Dorn und Hagebutt am Strauche, Leere Nester im Zaun! Sommerende - Spätoktober. . . Glauben muß ich′s nun doch:Daß wir lange auseinanderEh′Dezember es noch!Sturm am Himmel - Schneegestöber. . . Frost im Herzen und Hohn;Daß es anders einst gewesen,Du bereust es ja schon!Laub am Boden, Laub am Boden, Gelb und rot und braun;Und der nächste Windstoß kehrt es Lachend hinter den Zaun.AbendAndreas GryphiusDer schnelle Tag ist hin die Nacht schwingt ihre Fahn Und führt die Sternen auff. Der Menschen müde Scharen Verlassen feld und werck Wo Thier und Vögel waren Trawert itzt die Einsamkeit. Wie ist die zeit verthan!Der port naht mehr und mehr sich zu der glieder Kahn. Gleich wie diß licht verfiel so wird in wenig JahrenIch du und was man hat und was man siht hinfahren.Diß Leben kömmt mir vor alß eine renne bahn.Laß höchster Gott mich doch nicht auff dem Laufplatz gleitenLaß mich nicht ach nicht pracht nicht luft nicht angst verleiten.Dein ewig heller glantz sei von und neben mirLaß wenn der müde L eib entschläfft die Seele wachen Und wenn der letzte Tag wird mit mir abend machen So reiß mich auß dem thal der Finsterniß zu dir.。